Nachwort

(Achtung, Spoiler!)

Ein Autor, der seine Geschichte im Nachhinein interpretiert, scheint nicht besonders überzeugt von ihr zu sein. Es ist dann wohl eine jener Geschichten, die man keinem Leser hätte zumuten sollen.

Aus diesem Grund ist das hier auch keine Interpretation. Eher geht es mir darum, ein paar kleine Hinweise zu liefern, um welche Art von Text es sich eigentlich handelt. Damit hoffe ich einige Missverständnisse unterbinden und alle übereifrigen Deuter aus der Sackgasse locken zu können.

Zunächst einmal haben wir es schlicht und ergreifend mit einer fiktiven Geschichte zu tun. Das heißt, es gibt eine Reihe von erfundenen Figuren an einem erfundenen Schauplatz, die erfundene Handlungen vollziehen. Wozu das gut sein soll? Das müssten wir die zahlreichen Erzähler fragen, die über Jahrtausende nichts anderes getan haben als ich. Vielleicht macht es uns seit jeher einfach Freude, Menschen bei ihren Lebensabenteuern für eine Weile zu begleiten – selbst wenn sie nie existiert haben.

Und dann, sicher, haben wir es bei diesem Text natürlich auch mit einem Fantasyroman mit christlichem Anspruch zu tun. Hier fangen die Probleme an. Woran lässt sich der christliche Anspruch festmachen? – Vor allem wohl an einigen Figuren und Motiven, die uns an diejenigen der Bibel erinnern.

Also, sagen sich sogleich manche Leser, ist das Ganze einfach ein Gleichnis. Wenn Jesus in der Geschichte auftaucht, dann muss auch irgendwo der Teufel zu finden sein. Schnell sind die Zuordnungen gemacht. Jede Romanfigur erhält ihren biblischen Paten. Und bald fragen mich einige: „Hatte Jesus also eine irdische Liebesbeziehung?“ (Was ich verneinen würde.) „Hat die körperliche Auferstehung Jesu also nicht stattgefunden?“ (Was ich ebenfalls verneinen würde.) „Du willst doch nicht ernsthaft zeigen, dass man Gott umbringen kann, oder?“ (Stimmt).

Ein Gleichnis ist eben keine Gleichung. Auch das komplexeste Gleichnis kann niemals das Evangelium in allen Facetten abbilden. Der Meister des Gleichnisses höchstpersönlich, Jesus von Nazareth, war sich dessen bewusst. Wenn etwa der Gute Hirte seine Schafe verlässt, um das Verlorene zu suchen, heißt das dann im übertragenen Sinne, dass Gott einen Teil seiner Kinder vernachlässigt? Sicher nicht. Hat sich jemand bei Jesus beschwert, dass der Verlorene Groschen sich nicht bekehrt hat, ehe er wiedergefunden wurde?

Wir kommen nicht umhin, in einem Gleichnis eine gewöhnliche Geschichte zu sehen, die lediglich Aspekte einer geistlichen Realität verdeutlicht. Jesus nutzte Irdisches, um Himmlisches verständlich und fühlbar zu machen. Ich bin davon überzeugt: Wenn sich Gott und sein Evangelium durch eine irdische Geschichte (auch durch eine Fantasygeschichte) vollständig darstellen ließen, wären sie nicht sehr glaubwürdig. Gerade weil das Evangelium in seiner Ganzheit für unsere Logik so unerfassbar ist, deutet das doch darauf hin, dass es höheren Ursprungs ist.

Was soll der Leser also nun mit meiner Geschichte anfangen? Ich empfehle ihm, sich einfach darauf einzulassen: auf die irdischen Menschen mit ihren Emotionen, Ideen und Taten. Und wenn der Leser auf diesem Spaziergang hin und wieder eine Muschel am Strand findet, eine geistliche oder eine sonstwie geartete Erkenntnis, dann sammle er sie auf und lege sie in sein Schatzkästchen. Vielleicht hat er dann – neben Levin, Thanos oder Elena – auch eine andere Person, die ich in ihrer faszinierenden Größe nie hätte beschreiben können, ein bisschen näher kennengelernt.